Der Kalvarienberg am Kirchhof

Ursprünglich befand sich der „Kalvarienberg“ an der zur Straße gewandten Längsseite der alten Kirche vor einem Mittelfenster, wo früher einmal eine Kirchentüre war - auf dem alten Süchtelner Friedhof. Pfarrer Hutmacher, zu St. Peter in Köln, ließ ihn 1851 errichten „als Andenken an die verstorbenen lieben Meinigen“ und „zur Erbauung und Förderung des frommen Sinnes“.

 Eine erste Planung sah vor, am Chor der alten Kirche ein Vesperbild aufzustellen, doch fand man eine Figurengruppe mit Kruzifix, Maria, Johannes und Maria-Magdalena unter einem Baldachin für die Andacht der Süchtelner passender. Auch der erste Standort am Chor konnte nicht beibehalten werden, da das Chor erneuert und die Kirche um ein Querhaus erweitert werden sollte. Pfarrer Hutmacher beauftragte den Kölner Bildhauer Wilhelm Josef Imhoff mit der Gestaltung des Kalvarienberges. In Zeichnungen wurde das Werk bis ins kleinste Detail ausgearbeitet; auch bautechnische Einzelheiten wurden genau festgelegt – wobei immer wieder überlegt wurde, ob Mehrkosten zugunsten der Schönheit gerechtfertigt seien. So sollte zunächst das Dachstühlchen offen bleiben – „darum muß alles von innen ebenfalls eine nette Arbeit werden, damit es durch den Farbanstrich hübsch hervortrete“ – eine Innenwölbung war zwar hübscher aber teurer.

 Im September 1851 brachte Meister Imhoff die fertig bemalten Tonfiguren nach Süchteln. Die Süchtelner hatten inzwischen einige Karren schwere rötliche und graue Kieselsteine vom Busch gesammelt, die Imhoff selber zu einem Berg für seine Figuren ordnete. Rechtzeitig zu Allerheiligen war dann alles fertig – bis auf das Eisengitter, das im Dezember vom Fuhrmann aus Köln herangeschafft wurde. Das Kruzifix, die Magdalena, Zierrat am Baldachin, Eisengitter und eine Kniebank wurden von Pfarrer Hutmacher gestiftet. Die beiden Figuren Maria und Johannes musste die Kirche St. Clemens mit 40 Talern bezahlen; 20 Taler gingen noch als Spende ein. Vier Jahre später begann der geplante Umbau der Pfarrkirche und bald darauf brach ein großer Teil des alten Gewölbes ein, und nun musste die alte Kirche ganz erneuert werden. Hierbei wurde das Langhaus um die beiden Seitenschiffe erweitert. Beim Ausheben der neuen Fundamente stieß man auf alte Gräber, deren Gebeine an der östlichen Grenzseite des Friedhofes gemeinsam beigesetzt wurden. Der Kalvarienberg, der ebenfalls der Erweiterung des Kirchenschiffes weichen musste, wurde über dieser Grabstätte an seinem heutigen Standort wieder aufgestellt.

 Im Laufe der Zeit gingen die drei Assistenzfiguren ( Maria, Johannes und Maria- Magdalena ) bedauerlicherweise verloren. Jedoch fanden sich auch immer wieder Menschen, die sich um die Erhaltung des Kalvarienberges bemühten. Heutzutage, nach einigen Restaurierungen und Reparaturen zur Erhaltung, stehen beim Kruzifix zwei, den verlorengegangenen Bildwerken sehr ähnliche Abgüsse zeitgleicher Werke von Maria und Johannes aus der Stiftskirche St. Clemens zu Wissel. Leider hat der Kalvarienberg trotz aller Bemühungen seine Aussagekraft als Andachtsstätte „zur Förderung des frommen Sinnes“ über die Jahre fast gänzlich verloren.

Seltsamerweise wurde der Kalvarienberg ( hier an seinem ursprünglichen Platz ) genau vor einem Fenster errichtet, welches vormals eine Eingangstüre war. Vielleicht als Kompromiß, weil Hutmacher den eigentlichen Standort in der Kirche geplant hatte ( man konnte so das Kruzifix auch von innen sehen ).

Das Bild: „Naturgetreue Ansicht des Calvarienberges zu Süchteln“ ( Heimatmuseum Süchteln ) ist eine im 19. Jahrhundert entstandene Lithographie des aus der Schweiz stammenden Beuron-Schülers Fridolin J. Steiner ( Pater Lukas / 1849 – 1906 ). Die Lithographie entstand nach einer originalen Daguerreotypie des Photopioniers und Fachautors Joseph Lemling. Da Bilder, die mittels eines Daguerreotypen aufgenommen wurden, nicht reproduzierbar waren, erstellte Steiner in Neuwied nach der Vorlage des Originals die Steindruckplatten, zur Vervielfältigung der Ansicht. Ob es der in Köln tätige Pfarrer Hutmacher oder die Süchtelner Kirchengemeinde oder vielleicht der Meister Imhoff selbst war, der diese Aufnahme bei Lemling in Auftrag gab, ist nicht bekannt. ( In Neuwied veröffentlichte Jos. Lemling 1875 und 1884 auch zwei seiner bekanntesten Bücher. Ein Frühwerk Lemlings von 1870 trägt folgenden Titel: „Die Photoverrotypie. Gründliche und leicht fassliche Anleitung zur Erlernung des unter den Namen: Lichtdruck, Glasdruck etc. in ein tiefes, geheimnissvolles Dunkel gehüllten photographischen Gelatinedrucks, eine der wichtigsten und nützlichsten Entdeckungen“ / Voigtländer / Lüdenscheid ). Die Daguerreotypie wurde im Jahre 1839 in Paris erfunden und somit stellt das Original des Calvarienberges zu Süchteln von Lemling, das zwischen 1851 und 1855 in Süchteln entstanden ist ( da es den Kalvarienberg an seinem ursprünglichen Ort zeigt; also vor dem Neubau des Querschiffs 1855 ), eines der sehr frühen Bilder dar, die mittels dieser damals neuen Technik aufgenommen wurden.

Bei einem solchen, von Lemling verwendeten Daguerreotypen, betrug die durchschnittliche Belichtungszeit ca. 4 – 15 Minuten.

Der Kalvarienberg in Süchteln neben St. Clemens 2004
( Aufgenommen mit einer Fuji Digitalkamera )

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