Ballonstart der Miss Polly in Süchteln |
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Am 07. September 1909 war in der Süchtelner Zeitung über den spektakulären Start der „Miss Polly“ in Süchteln-Vorst auf der Oedterstraße folgender Bericht zu lesen:
Der Luftschiffahrt bringt heute, angespornt durch die Zeppelin’schen Erfolge, alle Welt das größte Interesse entgegen. Daß dies auch bei der hiesigen Bürgerschaft zutrifft, konnte man am
verflossenen Kirmessonntage gewahren. „Miss Polly“ ging es von Mund zu Mund, soll gemäß Ankündigung durch Plakate und Zeitungsannoncen bei günstiger Witterung mit ihrem 800 Kubikmeter fassenden Ballon von den Gartenanlagen der
„Johannisburg“ aus ( Inh. Konrad Hermanns ) zu Süchtelnvorst einen Aufstieg unternehmen. Ein solcher war in Süchteln noch nicht geboten worden und jeder freute sich daher auf den genußreichen Anblick. Während die Spannung der Zuschauer fieberhaft heranwächst, vergnügt sich die kühne Luftschifferin mit aller Gemütsruhe im Ballsaale des Restaurants beim Tanz. |
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„Miss Polly“ lautete der Künstlername der damals sehr bekannten Käthe Paulus. Sie wurde 1868 in Berlin geboren. 23 jährig brachte sie einen Sohn zur Welt, dessen Vater vermutlich der damals sehr bekannte Luftschiffer Hermann Lattemann war. Im gleichen Jahr 1891 flog sie erstmals mit dem Ballon Lattemanns mit und eignete sich begeistert die Kunst des Fliegens an. 1893 wagte Katharina Paulus ihren ersten Absprung aus 1200 Metern Höhe und erkannte schnell, welche emanzipatorischen Chancen für sie in europaweiten, spektakulären Ballonaufstiegen lagen. Sie war auch die erste Frau an einem Fallschirm. Die Textilien für Fallschirme verbesserte sie in ihrer eigenen Firma laufend, entwickelte bald den Paketfallschirm und führte damit erstmals den Fallschirm zur Lebensrettung ein. Als 1894 Lattemann bei einem Absprung tödlich verunglückte und ihr Sohn an Diphtherie starb, entschloss sie sich, das Fliegen aufzugeben. Einige Jahre später stieg sie jedoch wieder in das Sport- und Showbusiness ein. Als Aeronautin „Miss Polly - die Königin der Lüfte“ schwebte sie zur Jahrhundertwende über Berlin - an selbst geschneiderten Gleitschirmen und Ballons. "Runter kommen sie alle", lautete die Devise der kecken Berlinerin, die für reichlich Furore in der Männerwelt sorgte. Bis 1912 stieg sie über 500 mal mit dem Ballon auf und mit dem Fallschirm sprang sie rund 150 mal in die Tiefe. Sie starb 1935 nach langer, schwerer Krankheit. |
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